Selten …

… habe ich ein derart schlecht gelauntes Gebäude erlebt wie die Köln-Arena heute vormittag. Dabei war das Wetter so schön.

  

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Ich widerrufe,

was ich letztens noch meinte. Denn mittlerweile ist mir klar, dass der Böhmermann, auch wenn ich seine Sendungen und das ganze Weiterverwertungstrara um ihn nicht ertrage, bewusst übertrieben hat. Er wusste vielleicht nicht, wie hoch die Wellen schlagen, aber er hat aufgezeigt, dass die EU, die Regierung Merkel möglicherweise erpressbar geworden ist. Beziehungsweise:

Er hat bewirkt, dass die Regierung es selbst zeigen muss. Toll. Solidarität!

 

PS: Wie sehr ich den klugen, zuhörenden, leisen Serdar Somuncu verehre. Ganz im Gegensatz zu dem rumbrüllenden, dickhodigen Kabarettisten Serdar Somuncu.

 

Babymetal

Ich mag „The Late Show“ dafür, dass sie gerne mal Kostüm-Metal präsentiert.

Das Phänomen Babymetal lässt mich etwas ratlos zurück: Einerseits ist das ein sehr lustiges Projekt, andererseits Minderjährige in kurzen Röcken. Über eine dieser heißt in der englischen Wikipedia: „Mizuno’s favourite artists include Ariana Grande and Cannibal Corpse. Her favorite food is tomatoes, which she prefers to eat raw.“ Ratlos.

Gehört nicht zum Thema, ist trotzdem schön:

Satire-Burnout

Die Satiresendung extra3 des NDR hat ein Liedchen mit bekannter Melodie auf den türkischen Staatspräsidenten mit neuem Text veröffentlicht und alle fanden es total toll. Nur der türkische Staatspräsident nicht. Den Rest der Geschichte kennt jeder. Es wurde viel gekeift, es wurde viel Blödsinn geschrieben, es wurde diskutiert, was Satire darf. Kurz, ein ganz normaler Werktag im Medienzirkus.

In der Bild am Sonntag meldete sich nun EU-Parlamentspräsident Signore Martin Schulz zu Wort und geißelte (ja, geißelte) die Reaktion Erdogans mit den Worten:

„Es ist nicht hinnehmbar, dass der Präsident eines anderen Landes verlangt, dass wir in Deutschland demokratische Rechte einschränken, weil er sich karikiert fühlt. Wo kommen wir denn da hin? Das ist absolut unhaltbar, ein starkes Stück! Wir müssen Erdogan klarmachen: In unserem Land gibt es Demokratie. Ende.“

Was für ein entsetzlicher Satz. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der politischer Diskurs gerne mit „im übrigen verbete man sich die Einmischung in innere Angelegenheiten“ zu beenden versucht wurde. Martin Schulz geißelt nicht die Bombardierung von Städten, er geißelt nicht die Inhaftierung von Journalisten, er geißelt nicht die unklare Rolle der Türkei im Kampf gegen den IS.

Er geißelt die Einmischung in innere Angelegenheiten der Bundesrepublik. Nein. Halt. Er geißelt die Einmischung in eine Satiresendung. Ich kenne Martin Schulz als durchaus scharfzüngigen, sich selbst als das Herz auf dem rechten Flecken tragenden Kumpeltyp stilisierenden Kumpeltyp. Ich habe noch nichts von ihm zur Politik Erdogans gehört, jedenfalls nicht in dieser Schärfe. Vielleicht will er sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Türkei mischen.

Anderes Thema: Die geneigte Leserin, der geneigte Leser von Lokalzeitungen im Internet kennt das: Schlimme Autounfälle von Jugendlichen auf der Landstraße und Jan Böhmermann. Ständig Jan Böhmermann.

Jan Böhmermann hat auch was über Erdogan gemacht. Beziehungsweise über sich. (Der Link kostet was, lohnt sich. Ach, kostet doch nichts, höre ich gerade.) Jan Böhmermann hat auch etwas über Deutschland gemacht, was meine Timeline hochgejubelt hat, dann aber, nachdem Sascha Lobo etwas darüber geschrieben hatte, auch wieder herunterjubelte.

Ich habe keine Lust mehr auf Jan Böhmermann. Ja, er ist lustig. Ja, er ist das Tollste, was deutsches Fernsehen zu bieten hat. Aber er ermüdet mich. Natürlich will er die ganzen Missstände auf der Welt, in diesem Land, in unseren Medien vorführen. Aber diese Omnipräsenz nervt mich. Ich weiß, dass das furchtbar subjektiv ist. Aber seien wird doch ehrlich: Er ist gescheitert. Jeder Depp wie ich teilt Jan-Böhmermann-Videos, aber außer von Deppen wie mir geteilt zu werden, hat er sehr wenig erreicht.

Außer Aufmerksamkeit.

Wenn ihm die reicht, ist er doch nur ein Fernsehclown unter vielen. Mich langweilen Fernsehclowns. Mich langweilen Satiresendungen. Satiresendungen sind der VW, der Dackel, der Vorgarten, die Nationalmannschaft, das Handtuch auf Mallorca des deutschen intellektuellen Mittelstands. Ich möchte, dass der intellektuelle Mittelstand nicht mehr auf Leute wie Jan Böhmermann hört und einfach nur geil findet.

Blendet den ganzen Satirequatsch doch einmal für eine Woche aus und nehmt euch die Zeit, euch in die #panamapapers einzulesen. Lest Zeitung.

Und ihr, Satiriker Deutschlands, macht mal kurz Pause. Wenn ich schon total ermüdet von Euch bin, müsst ihr doch kurz vor dem Burnout stehen. Macht Urlaub. Kommt zur Ruhe und lasst den Leuten, uns, auch ein wenig Luft. Ignoriert Erika Steinbach.

 

 

PS: Ich bin mir der Ironie bewusst, mich in epischer Breite zu einem Thema auszulassen, vor dem ich verschont werden möchte.

PPS: Ich weiß, dass der Gedanke, dass Satire oder Kunst immer etwas bewirken müssen, nicht nur angreifbar ist.

PPPS: Wer entscheidet eigentlich, was lustig oder relevant ist? Ich, Darling. Ich. Das ist arrogant, ich weiß. Auch das mit dem intellektuellen Mittelstand.

PPPPS: Ich weiß gar nicht, wie ich die geneigte Leserin, den geneigten Leser ansprechen soll.